Unterstützung bei fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen

07.09.2022

Kantonale Anlaufstelle

Die Opferberatung von eff-zett das fachzentrum fungiert als kantonale Anlaufstelle für Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen. Sie unterstützt die Opfer bei der Aufarbeitung ihrer Lebensgeschichte, der Suche und Einsicht in Akten sowie bei der Einreichung eines Gesuches für eine Wiedergutmachungsleistung, dem sogenannten «Solidaritätsbeitrag».

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Bundesgesetz per 1. April 2017

Das Parlament hat ein Bundesgesetz über die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 beschlossen. Das entsprechende Gesetz trat am 1. April 2017 in Kraft. Es sieht neben der ausdrücklichen Anerkennung des erlittenen Unrechts und einer umfassenden Aufarbeitung auch die Auszahlung eines Solidaritätsbeitrags vor.

Es ist ein düsteres Kapitel der Schweizer Geschichte, welches damit aufgearbeitet wird. Es betrifft den Umgang mit Waisenkindern, Kindern aus armen Familien und unehelichen Kindern. Sie wurden von den eigenen Eltern oder den Behörden in Pflegefamilien abgegeben.

Wer sind die Opfer? 

Zu den Opfern von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen zählen nicht nur Verdingkinder, sondern auch Heimkinder, sogenannte „administrativ Versorgte“ (Personen, die im Rahmen administrativer Massnahmen in geschlossene Anstalten, zum Teil sogar – ohne Verurteilung – in Strafanstalten eingewiesen wurden), Personen, deren Reproduktionsrechte verletzt wurden (unter Zwang oder ohne Zustimmung erfolgten Abtreibungen, Sterilisierungen oder Kastration) sowie Zwangsadoptierte Personen, an denen Medikamentenversuche durchgeführt wurden.

Viele der Opfer wurden ihren Eltern unter Druck weggenommen und mehrfach in Heimen und Pflegefamilien fremdplatziert. Dort haben sie psychische und/oder physische Gewalt erlebt. Diese Entwurzelung und die frühen Erfahrungen von Wertlosigkeit, Ausgeliefertsein, Stigmatisierung sowie die damit einhergehende Ohnmacht, haben sie als Menschen nachhaltig geprägt. Mit Hilfe von Akten können in gemeinsamen Gesprächen oft Lücken in der Lebensgeschichte dieser Menschen geschlossen werden. Immer wieder ist es aber auch schockierend, wie weit die gemachten Erfahrungen und die dokumentierten Akten auseinander gehen. Nur wenig vom erfahrenen Leid wurde durch die zuständigen Behörden gesehen und festgehalten. Immer wieder sind wir betroffen von der damaligen Sprache und Sichtweise auf die Menschen, insbesondere auf die Kinder. So fanden wir Bezeichnungen wie «das psychopathische und labile Kind», «der Schwängerer» oder «die unfähige Mutter mit liederlichem Lebenswandel» in den Akten.

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Lichtblicke

Umso schöner sind Momente, in welchen die Betroffenen in ihren Akten sorgfältig geschriebenen Brieflein, berührenden Fotografien oder freundlich formulierten Anekdoten aus ihrem Leben begegnen. Und schliesslich haben die Anerkennung des erlittenen Unrechtes und die Auszahlung eines Solidaritätsbeitrages, als Ausdruck gesellschaftlicher Solidarität, eine heilende Wirkung.

Wenn Sie sich als betroffene Person in den obigen Beschreibungen wiedererkennen oder eine Person kennen, die betroffen sein könnte, dürfen Sie sich gerne bei uns melden: Opferberatung Zug, Tirolerweg 8, 6300 Zug – Tel. 041 725 26 50 -  www.eff-zett.ch/angebot/opferberatung