Psychische Gewalt im Rahmen von häuslicher Gewalt

25.09.2023

Psychische Gewalt – so lautet das Thema der diesjährigen nationalen Kampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen», zu welcher die Zuger Projektgruppe «Frauen sind unschlagbar» auch dieses Jahr am Sonntag, 26. November ab 17 Uhr an der Seepromenade in Zug eine Lichterkette organisiert.

Wir, die Berater*innen von eff-zett das fachzentrum, sind tagtäglich mit den Opfern psychischer Gewalt konfrontiert. Wir wollen Ihnen das Themenfeld aus unserer Sichtweise näherbringen. Danke, dass Sie sich trotz des schwierigen Themas Zeit nehmen, den Beitrag bis zum Ende zu lesen, denn psychische Gewalt im Rahmen häuslicher Gewalt ist allgegenwärtig und geht uns Alle an.

Zum Einstieg ein Beispiel aus unserer täglichen Praxis.
Frau F. ruft bei der Opferberatung an. Sie ist hilflos und verunsichert und eigentlich will sie ja niemandem mit ihrem Problem die Zeit stehlen. Schliesslich ist ihr Anliegen ja nicht so schlimm, schliesslich werde sie nicht geschlagen. Eine Freundin habe ihr trotzdem geraten, sich bei der Opferberatung zu melden. Gestern Abend sei ihr Mann mit ihr mal wieder nicht einverstanden gewesen und habe sie deshalb in Anwesenheit der Kinder «in den Senkel gestellt». Das habe er schon oft getan. Normalerweise lasse sie alles über sich ergehen und warte, bis er sich wieder beruhige. Aber dieses Mal habe sie sich geweigert und ihm widersprochen. Zur Strafe musste sie das Abendessen alleine in der Küche zu sich nehmen. Den Kindern hat ihr Mann gesagt, die Mamma sei verrückt. Die beiden, 6 und 8 Jahre alt, hätten geweint und sich im Zimmer eingesperrt. Ihr Ehemann habe gesagt, dass sie verantwortlich sei, dass die Kinder jetzt so verstört seien. Sie sei eine schlechte Ehefrau und Mutter. Dabei habe sie ihm nur gesagt, dass sie wieder anfangen wolle zu arbeiten.

Wiederholtes Demütigen, Anschreien, Beleidigen, Beschuldigungen, Ignorieren, Einschüchtern, kontrollierendes Verhalten oder das Zerstören von Gegenständen einer Person sowie auch Quälen des Haustieres, gelten als Akte psychischer Gewalt. Auch alle Handlungen, die eine absichtliche Einschränkung von sozialen Kontakten, das Verbot oder den Zwang einer Arbeit nachzugehen, sowie die Kontrolle über die finanziellen Mittel des Opfers, zählen zum Sammelbegriff der psychischen Gewalt.

Im Gegensatz zur physischen Gewalt hinterlässt die psychische Gewalt keine sichtbaren Spuren und ist deshalb schwierig nachzuweisen. Auf dem Rechtsweg gibt es wenige Möglichkeiten, die gewaltausübende Person zu stoppen. Die Folgen psychischer Gewalt sind gravierend. Sie stellen sich nicht sofort, sondern schleichend ein.

 Wiederholte und unkontrollierbare Demütigungen und Beschimpfungen, Forderungen, die bei Nichtbefolgen an unangenehme Konsequenzen geknüpft sind, erhöhen auf Dauer das Stresslevel der betroffenen Person. Nebst einem beeinträchtigten Wohlbefinden hat dies auf der körperlichen Ebene Auswirkungen auf das Immunsystem. Es wird geschwächt, was den Körper auf Dauer anfälliger für Krankheiten werden lässt. Zum Vergleich: jemand, der über lange Zeit psychischer Gewalt ausgesetzt ist und vermehrt unter den negativen Gefühlen leidet, hat ein ähnlich hohes Risiko einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden, wie jemand, der regelmässig Zigaretten konsumiert.

Dazu kommen die Nachteile auf der psychischen Ebene. Sie zeigen sich je länger die Gewalt andauert. Mit der Zeit wird das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten mehr und mehr hinterfragt. Das hat zur Folge, dass das Selbstwertgefühl kleiner wird, was zu weiteren Nachteilen im Alltag der betroffenen Person führt.

Im Auftrag des Opferhilfegesetzes, bieten Opferberatungsstellen betroffenen Menschen Unterstützung an. Obwohl hilfesuchende Frauen nach wie vor in der Überzahl sind, finden auch betroffene Männer den Weg in die Beratung. Im persönlichen Gespräch zeigen wir Möglichkeiten und Strategien, damit Betroffene mit der Situation einen für sie passenden Umgang finden.

Viele Frauen wissen nicht, dass es Anlaufstellen wie eff-zett das fachzentrum gibt. Damit diese davon erfahren und sich getrauen Kontakt aufzunehmen, brauchen wir auch Sie, liebe Lesende. Schauen Sie beim Thema psychische Gewalt hin, nehmen Sie das Problem ernst und weisen Sie auf die Unterstützung der Opferberatung von eff-zett das fachzentrum oder jeder anderen Opferberatungsstelle in der Schweiz hin – Psychische Gewalt geht Alle an!

 

 

Vielleicht kennen Sie eine Mutter, welche mit ihrer Tochter am Samstag, 25. November den Selbstverteidigungs-Workshop «Starke Mütter – starke Töchter» in Zug bei eff-zett das fachzentrum besuchen möchte. Sagen Sie es weiter oder melden Sie sich gleich selbst an!

 

Kathrin Gruber, Opferberaterin